Kinderlärm aus Nachbarwohnungen ist nicht in jeglicher Form, Dauer und Intensität von den Mitmietern hinzunehmen, nur weil er eben von Kindern stammt. Grundsätzlich ist bei jeder Art von Lärm - unter Einschluss von Kinderlärm - auf die Belange und das Ruhebedürfnis der Nachbarn Rücksicht zu nehmen, entschied jetzt der Bundesgerichtshof (BGH VIII ZR 226/16). Zwar müssten in einem Mehrfamilienhaus gelegentlich auftretende Lärmbeeinträchtigungen grundsätzlich als sozialadäquat hingenommen werden, sie stellten für die betroffenen Mitmieter deshalb noch nicht ohne weiteres einen Mangel der Mietsache dar. Hier gelte eine erweiterte Toleranzgrenze. Geräuschimmissionen, die ihren Ursprung in einem altersgerecht üblichen, kindlichen Verhalten haben, seien ggf. auch unter Inkaufnahme erhöhter Grenzwerte für Lärm und entsprechender Begleiterscheinungen kindlichen Verhaltes grundsätzlich hinzunehmen. Die insoweit zu fordernde, erhöhte Toleranz habe aber Grenzen. Das gelte insbesondere dann, wenn die Mitmieter detailliert darlegen, dass von den Kindern und den Mietern selbst Geräuschimmissionen ausgehen, die jedes noch hinzunehmende Maß überschreiten. Hier hatten die Mitmieter detailliert vorgetragen, dass aus der benachbarten Wohnung fast täglich, auch an Sonn- und Feiertagen sowie zu Ruhezeiten massive Lärmstörungen durch heftiges Stampfen, Springen, Poltern sowie durch Schreie und sonstige lautstarke und aggressive familiäre Auseinandersetzungen auftreten.
Diese bisweilen mehrmals am Tag auftretenden Störungen dauerten dabei größtenteils zwischen einer und vier Stunden an. In der Küche sprangen die Töpfe in den Regalen und die Türen wackelten in den Angeln. Die Mitmieter forderten den Vermieter auf, die Lärmstörungen zu beenden, und minderten die Miete um 50 %. Das Landgericht Berlin wies ihre Klage ab und erklärte, die Lärmstörungen seinen Ausdruck eines natürlichen Bewegungsdranges von Kindern und seien als Schritt der natürlichen Entwicklung von Kindern zu werten. Der Bundesgerichtshof hob diese Entscheidung jetzt auf, das Landgericht Berlin muss neu entscheiden. Dabei ist genau zu prüfen, ob die Toleranzgrenzen für Kinderlärm überschritten sind. Hierzu ist der konkrete Einzelfall zu bewerten, unter Berücksichtigung von Art, Qualität, Dauer und Zeit der verursachten Geräuschimmissionen, des Alters und des Gesundheitszustandes der Kinder sowie der Vermeidbarkeit der Immissionen durch erzieherische Einwirkungen oder durch zumutbare oder sogar gebotene bauliche Maßnahmen.