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Mit dieser Frage befasste sich das Amtsgericht Brühl in einem Räumungsprozess, der gegen ein Mitglied des Mietervereins Köln angestrengt wurde.
Der Mieter hatte im Jahr 1999 einen Mietvertrag über eine Wohnung in Brühl abgeschlossen. Diese Wohnung befindet sich in einem Gebäude, das im Jahr 1910 errichtet wurde. Mehr als 20 Jahre lang gab es keine Beschwerden über etwaige Lärmbelästigungen, die von seiner Wohnung ausgingen. Das änderte sich im Jahr 2022. Die unter ihm wohnende Mieterin beschwerte sich bei der Vermieterin und behauptete, der Mieter habe mehrfach und durchgängig in seiner Wohnung laut getrampelt, Türen geknallt, gehämmert und geklopft sowie Kommodentüren und Schubladen laut geöffnet und geschlossen – dies alles auch regelmäßig zur Nachtzeit nach 22:00 Uhr. Der Mieter bestritt die Vorwürfe. Vielmehr verwies er darauf, dass das Gebäude extrem hellhörig sei; in seiner Wohnung existiere jedenfalls keine Trittschalldämmung. Er könne sogar den Inhalt von Gesprächen aus der unter ihm gelegenen Wohnung verstehen. Er arbeite als Lehrer und gehe regelmäßig gegen 22:00 Uhr zu Bett. Zwar komme es manchmal vor, dass er vor dem Fernseher auf der Couch einschlafe und dann nach dem Aufwachen noch Dinge für den nächsten Schultag vorbereiten müsse – das sei jedoch nicht der Regelfall. Zudem gehe er schon seit längerer Zeit nur noch mit Pantoffeln durch die Wohnung. Dennoch erhielt er zunächst eine Abmahnung und schließlich die Kündigung wegen weiterer nächtlicher Lärmbelästigungen. Als er sich weigerte auszuziehen, reichte die Vermieterin eine Räumungsklage beim Amtsgericht Brühl ein. Das Gericht wies die Klage jedoch als unbegründet ab, da es an einem wirksamen Kündigungsgrund fehlte. Es begründete dies wie folgt: Verursacht ein Mieter fortdauernd ruhestörenden Lärm – auch außerhalb der gesetzlichen Ruhezeiten –, kann dies einen wichtigen Grund für eine Kündigung darstellen. Beeinträchtigungen, die im Rahmen der typischen Nutzung zu Wohnzwecken entstehen, sind hingegen hinzunehmen. Lärmbelästigungen anderer Bewohner können also einen Kündigungsgrund darstellen – die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen eines solchen Kündigungsgrundes liegt jedoch bei der klagenden Vermieterin. Nach dem gesamten Inhalt der mündlichen Verhandlung und dem Ergebnis der Beweisaufnahme war das Gericht nicht davon überzeugt, dass der beklagte Mieter Lärmbelästigungen verursacht hatte, die über das Maß hinausgingen, das typischerweise im Rahmen einer Wohnnutzung entsteht und zumutbar ist. Vielmehr äußerte das Gericht Zweifel daran, dass in der Wohnung der Nachbarin tatsächlich die von ihr in einem Lärmtagebuch dokumentierten Geräusche zu hören waren. Zwar berichtete sie, der Mieter laufe die halbe Nacht auf den Fersen durch seine Wohnung und verursache Poltergeräusche – doch all dies bezweifelte das Gericht. Zum einen, weil die Aussage der Zeugin eine deutlich übersteigerte Belastungstendenz erkennen ließ. Sie war von Anschuldigungen geprägt, auch in Bezug auf Umstände, zu denen sie gar nicht befragt worden war. So schilderte sie unter anderem, dass der Beklagte sich bereits bei ihrem Einzug über Möbel im Treppenhaus „aufgeregt“ habe und später anderen Nachbarn gegenüber geäußert habe, dass die Familie zu jung sei und er wolle, dass sie ausziehe. Dass sie auch Poltern sowie das Schließen von Türen und Schubladen höre, erwähnte sie erst auf explizite Nachfrage – statt dies eigenständig zu berichten. Auf die Frage, woher sie wisse, dass der Mieter auf den Fersen durch die Wohnung laufe, konnte sie keine plausible Antwort geben. Der Beklagte hingegen erklärte, dass er sich in der Wohnung ganz normal verhalte – insbesondere nicht trampele, keine Sportübungen mache und keine Türen zuschlage. Er belastete sich sogar selbst, indem er einräumte, nachts gelegentlich noch Materialien für den nächsten Schultag vorzubereiten und dabei auch den Kopierer zu nutzen. Er bemühte sich also sichtlich um eine realistische und wahrheitsgemäße Schilderung der Situation. Er lebte seit über 20 Jahren in dieser Wohnung – vor dem Einzug der Zeugin und ihrer Familie hatte es nie Beschwerden gegeben. Für das Gericht war nicht ersichtlich, dass und warum der Mieter sein Verhalten ausgerechnet ab dem Zeitpunkt des Einzugs dieser Familie geändert haben sollte. Zumal er bereits damals als Lehrer tätig war und sich – wie auch heute – auf den nächsten Unterricht vorbereiten musste. Die vom Mieter selbst eingeräumten Geräusche stellten nach Auffassung des Gerichts typische und zumutbare Begleiterscheinungen einer normalen Wohnnutzung dar.