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„Stillstand können wir uns nicht mehr leisten“

Vorstandsvorsitzender Franz-Xaver Corneth skizziert die Lage auf dem Wohnungsmarkt und stellt fest, dass viel diskutiert, aber wenig getan wird 

Liebe Mitglieder, 

lasse ich das vergangene Jahr Revue passieren und vergleiche es mit 2023, frage ich mich, was aus all den Hoffnungen wurde, die wir Anfang 2024 hegten. Haben sie sich erfüllt? Oder hat sich die Situation insbesondere auf dem Wohnungsmarkt sogar verschlechtert? 

Der Mieterverein – gemeinsam, digital und nah am Menschen 
Doch fangen wir bei uns an – dem Mieterverein Köln: Nachdem die Mitgliedszahlen in den letzten sechs Jahren kontinuierlich angestiegen sind und wir in den vergangenen drei Jahren Mitgliederrekorde verkünden konnten, mussten wir nun eine äußerst geringe Einbuße verzeichnen. Das ist auf die temporäre Aufnahmebeschränkung zurückzuführen, zu der wir uns Anfang 2024 schweren Herzens durchrangen. Der Mieterverein möchte allen Mieterinnen und Mietern eine Heimat bieten und ihnen mit Rat und Tat zur Seite stehen. Ende 2023 waren aber auch wir an unsere Grenzen gekommen. 1.466 mehr Mitglieder als noch 2022 bedeuteten längere Bearbeitungszeiten und Terminengpässe. Um dies zu vermeiden und das hohe Niveau in der Qualität unserer Beratung zu gewährleisten, musste die Aufnahmebeschränkung sein, weshalb im Januar und Februar 2024 keine neuen Mitglieder aufgenommen werden konnten. Denn wer bei uns Rat sucht, verdient volle Aufmerksamkeit. Wir gehen mit der Zeit. Unser Ziel lautet, der digitalste Mieterverein in Deutschland zu werden. Hieran arbeiten wir mit Hochdruck. Ein Onlineportal für Terminvereinbarungen und die schon 2023 erfolgte Einführung der elektronischen Akte waren große Schritte in die richtige Richtung. Zugegeben, es lief nicht alles glatt. Manche von uns mussten sich an die neue Technik erst gewöhnen – und ich sage offen: Auch ich gehöre nicht zur Generation „Digital Native“. Aber: Wir haben uns hineingearbeitet, geschult, nachgebessert. Ohnehin ist die elektronische Akte ein ständiger „Work-in-progress“, der der Unterstützung qualifizierter ITler bedarf. Sich den Herausforderungen der Zeit zu stellen, bedeutet selbstverständlich, sich mit dem Thema Künstliche Intelligenz (KI) auseinanderzusetzen. Es wäre leichtfertig, würden wir sie nicht in unsere Gedankenmodelle einbeziehen. KI kann und wird uns in Zukunft nicht ersetzen, aber unterstützen. Allerdings ist ein Mietverhältnis mehr als nur der Gebrauch von Paragrafen, vielmehr ein Dauerschuldverhältnis, dessen Handhabung Wissen, aber auch Sensibilität und Fingerspitzengefühl voraussetzt. Es gibt große Wohnungsgesellschaften, für die sind Mieter nur siebzehnstellige Vorgangsnummern. Der zuständige Sachbearbeiter sitzt oft nicht mal in Köln oder dessen Umland, sondern in Düsseldorf, Bochum oder gar in einem anderen Bundesland. Manchmal steckt sogar eine Kapitalgesellschaft im Ausland dahinter. Persönliche Verhältnisse und Hintergründe sind diesem Sachbearbeiter nicht bekannt. Da werden Mieterhöhungen angekündigt und die Kappungsgrenze bis zur Oberkante Unterlippe ausgereizt, ohne dass man jemals in der Wohnung war, ohne dass man die Besonderheiten der Wohnung oder des Stadtteils kennt (unsere Rechtsberater werden täglich mit solchen Schreiben konfrontiert). Auch hier bedarf es der Rücksprache mit dem Mitglied, um gemeinsam und schlagkräftig Paroli zu bieten. Fingerspitzengefühl ist erst recht angebracht, wenn es sich um ein langjähriges Mietverhältnis handelt und um Menschen, die einander persönlich kennen. Die rechtliche Beratung bezieht sich vor allem auf juristische Aspekte, darf sich aber nicht nur auf diese beschränken. Unsere Rechtsberater sind auch Kümmerer mit Verständnis und Herz. Darauf achte ich. Ich sage immer, auf einen groben Klotz gehört ein grober Keil. Aber wenn der Klotz nicht derart grob ist, bedarf es nicht der Axt, sondern vielmehr des Floretts und manchmal gar nur der Feile. Nennen Sie mich einen Romantiker, aber dazu stehe ich. Die Nuancen eines solchen Mietverhältnisses, eingebettet in juristische Strukturen, auszuloten, dafür bedarf es Menschen, Kümmerern mit Verstand, aber auch mit Herz und dem nötigen Fingerspitzengefühl. Das kann keine KI der Welt ersetzen. 

Viele Versprechungen und Ideen, aber wenig Umsetzung 
Kommen wir zur harten Realität auf dem Wohnungsmarkt: Die Lage ist katastrophal und das seit Jahren schon. Die Mieten schießen in die Höhe, der Wohnraum wird noch knapper und bezahlbare Wohnungen sind in Köln und auch dem Umland zur Seltenheit geworden. Ich frage mich: Wie lange wollen wir noch zuschauen? Schon letztes Jahr rügte ich, dass zu viel Bürokratie die Entstehung neuen Wohnraums verhindert. Schon voriges Jahr erwähnte ich, dass die Landesbauministerin Ina Scharrenbach dies richtig erkannte, als sie die Entschlackung von Normen als zentrales Thema bezeichnete und feststellte, dass manche davon sich teils sogar widersprechen. Diese Normen müssen nun auf den Prüfstand gestellt werden, um überflüssige Bürokratie am Bau abzuschaffen. Mit der Diskussion allein ist es nicht getan. Gleiches gilt für die beliebte Marotte, Wohnungen möbliert zu vermieten, um so den Preis durch die Decke gehen zu lassen und die Berechnung eines Verstoßes gegen Mietpreisbeschränkungen zu erschweren. Schon letztes Jahr wurde darüber diskutiert, Möblierungszuschläge in Mietverträgen auszuweisen. Schon letztes Jahr gab es Bestrebungen, eine gesetzliche Änderung herbeizuführen. Bei der Bestrebung ist es geblieben, der Status quo ist unverändert … 

Und die Mietpreisbremse? 
Ihre Verlängerung war im Koalitionsvertrag ausdrücklich vereinbart. Die Ampel ist mittlerweile Geschichte. Einen Kabinettsbeschluss hat es in deren Endphase noch gegeben. Aber ob diese in einer entsprechenden Änderung nunmehr noch vor der vorgezogenen Bundestagswahl gesetzlich verankert wird, sei dahingestellt. Die Mietpreisbremse ist ohnehin heftiger Kritik ausgesetzt. Das bekomme ich selbstverständlich mit, ich laufe ja nicht mit Scheuklappen durchs Leben. Die Wirksamkeit wird bestritten. Aber woran liegt dies auch? Sie enthält Ausnahmetatbestände, die ihre erfolgreiche Anwendung verhindert. Beispiel: Der Grundsatz der Mietpreisbremse lautet, dass bei einer Wiedervermietung einer Wohnung der Vermieter als zulässige Miete höchstens die ortsübliche Vergleichsmiete plus zehn Prozent fordern darf. Klingt erstmal gut. Es sei denn, die Grundmiete hätte bisher schon über der „Vergleichsmiete plus zehn Prozent“ gelegen, dann nämlich darf der Vermieter alternativ weiter die bisherige Miete fordern. Das bedeutet, dass der Vermieter, der schon zu viel gefordert und erhalten hat, das auch bei Abschluss eines Neuvertrags darf. Die Mietpreisbremse bedarf somit sogar einer Reform. Auf keinen Fall aber darf dieses Instrument in extrem angespannten Mietwohnungsmärkten verlorengehen. Stichwort Mietpreisüberhöhung gemäß § 5 Abs. 2 Wirtschaftsstrafgesetz: Oft als „Mietwucherparagraf“ bezeichnet, bedarf er der längst fälligen Reform und ist seit geraumer Zeit beliebtes Diskussionsthema. Wurde er reformiert? Natürlich (bisher) nicht. Man fragt sich: Für wen wird hier eigentlich Politik gemacht? Im Sommer 2024 kündigte Bundesbauministerin Klara Geywitz an, Menschen in Deutschland zum Umzug in ländliche Gebiete oder kleinere Städte ermutigen zu wollen, um der Wohnungsnot in den Metropolen entgegenzuwirken. Sie betonte, dass in Deutschland ungefähr zwei Millionen Wohnungen leer stehen, während in den Metropolen ein erheblicher Mangel herrscht. Sie plante, bis Ende des Jahres 2024 eine umfassende Strategie gegen diesen Leerstand vorzulegen. Sie sollte verschiedene Maßnahmen umfassen, um das Leben auch außerhalb der Metropolen attraktiver zu gestalten. Noch im November traf sie sich mit Vertretern ostdeutscher Wohnungsverbände, um über die Eckpunkte einer geplanten Handlungsstrategie zu diskutieren. Die Ministerin betonte, eine offizielle Vorlage der Strategie solle nun zeitnah erfolgen. Deutschland wartet immer noch. 

Und Köln? 
Wir sprechen hier von Reformen, Maßnahmen, Änderungen, derer es auf Bundesebene bedarf, um die Wohnungssituation zu verbessern. Aber auch Köln kann seinen Teil dazu beitragen. Dazu gehört besonders die Ausweisung von Bauland. Natürlich sind Nachverdichtung, Aufstockung von Gebäuden, Bauen über Parkplätzen, Supermärkten etc. ein ewiges Thema, all das sollte ins Auge gefasst werden, aber damit machen wir nicht den großen Wurf. Ohne Fläche wird es nicht gehen, hierfür bedarf es endlich der Bereitschaft, diese als Bauland auszuweisen. Ein Punkt, der mich besonders ärgert: Leerstand. Im Juni 2024 ergab der Zensus eine Zahl, die mich erschrecken ließ. Mitgeteilt wurde, dass in Köln zum 15. Mai 2022 14.233 Wohnungen leer standen! Davon 5.174 seit zwölf Monaten oder länger. Die durchschnittliche Personenzahl im Kölner Haushalt beträgt 1,87 (Quelle: Stadt Köln – Wohnen in Köln. Fakten, Zahlen und Ergebnisse). 5.174 leer stehende Wohnungen würden somit Wohnraum für fast 10.000 Menschen bedeuten. Die Gründe für Leerstand mögen vielfältig sein. Doch eins ist klar: Die Stadt muss ihn konsequent erfassen und Eigentümer in die Pflicht nehmen. Wohnraum ist zu wertvoll, um ungenutzt zu verstauben. Soziale Erhaltungssatzungen, im Volksmund auch Milieuschutzsatzungen genannt, werden in Köln weiter stiefmütterlich behandelt. Nicht einmal eine Handvoll haben wir. Andere Metropolen agieren weit offensiver. Berlin hat über 60, Hamburg über 40, München mehr als 20. Möchte man die Verdrängung der Bevölkerung aus ihren „Veedeln“ tatsächlich unterbinden, muss man sich dieses Instruments bedienen. Machen wir uns nichts vor: In Köln gibt es Viertel, die längst gentrifiziert sind. Hier wurde schlicht verschlafen, rechtzeitig zu handeln. Fassen wir es zusammen: Es benötigt Mut, Entschlossenheit und eine bessere Zusammenarbeit zwischen Bund, Land und Kommunen. Stillstand können wir uns nicht mehr leisten. Ich bleibe dennoch Optimist, denn es gibt keine Alternative zum Handeln. Doch Optimismus allein reicht nicht. Taten müssen den Worten folgen. Nicht morgen – jetzt! 

Herzlichst,
Ihr Franz-Xaver Corneth