Die Ausbreitung des Corona-Virus und die Empfehlung der Bundesregierung, zu Hause zu bleiben und soziale Kontakte auf ein Minimum zu reduzieren, drohende Ausgangssperren - die Verunsicherung bei vielen Mietern ist groß. Die Anwendung vieler mietrechtlicher Vorschriften würde in der derzeitigen Situation zu vollkommen unangemessenen Folgen führen.
Der Deutsche Mieterbund beantwortet einige wichtige Fragen rund um das Thema Corona und Miete. Aufgrund der noch nie dagewesenen Situation können diese Antworten jedoch nur eine Einschätzung wiedergeben und stellen keinen verbindlichen Rechtsrat dar.
Ja. Der Mieter ist grundsätzlich zur Mietzahlung verpflichtet. Entsteht ein Zahlungsrückstand von mehr als einer Monatsmiete, darf der Vermieter grundsätzlich fristlos kündigen. Auf den Grund, warum der Mieter nicht zahlen konnte, kommt es dann nicht mehr an.
Um sich vor dem Verlust der Wohnung zu schützen, sollte der Mieter bei drohenden Mietzahlungsschwierigkeiten sofort mit seinem Vermieter Kontakt aufnehmen und versuchen, sich auf die Stundung der Mietzahlung zu einigen. In Betracht käme ebenfalls eine Ratenzahlung, soweit möglich, oder der Verzicht des Vermieters auf die Miete, wenn dies wirtschaftlich für ihn vertretbar wäre. All dies ist natürlich nur auf freiwilliger Basis möglich. Eine entsprechende Vereinbarung sollte dann aus Beweisgründen schriftlich erfolgen.
Hinweis:Der Deutsche Mieterbund hat den Bundesgesetzgeber aufgefordert, die Kündigung für die Zeit der Corona-Krise auszuschließen; einen Solidarfonds einzurichten, der in Not geratenen Mieter bei ihrer Mietzahlung hilft und die Räumung von Wohnungen umgehend zu stoppen. Das Bundesjustizministerium prüft die Forderungen derzeit. Mehr Informationen dazu unter www.mieterbund.de.
Nein. Die Erkrankung eines Mitbewohners oder Nachbarn stellt keinen Mangel der Mietsache und damit keinen Grund zur Mietminderung dar. Wird die Nutzung der Mietsache durch Engpässe bei der Versorgung mit Energie oder Wasser beeinträchtigt, muss der Mieter aber nur eine entsprechend geminderte Miete zahlen. Darauf, ob der Vermieter den Versorgungsengpass vertreten muss, kommt es bei der Minderung nicht an.
Ob der Vermieter die Wohnung des Mieters besichtigen darf, hängt von einer Abwägung des Eigentumsrechts des Vermieters mit dem Recht des Mieters auf Privatsphäre ab. Bei einer Pandemie ist zudem der Schutz des Mieters auf körperliche Unversehrtheit zu beachten und maßgeblich. Besichtigungen, die keinen dringend notwendigen Zweck verfolgen, müssen daher aus Sicht des Deutschen Mieterbundes auf die Zeit nach der Pandemie verschoben werden. Bei notwendigen Reparaturen (bspw. Rohrbruch) muss der Mieter aber Zugang zur Wohnung gewähren.
Nein. Der Vermieter kann in dieser Situation nicht vom Mieter verlangen, dass er die Wohnung räumt. Auch jetzt gilt schon im Vollstreckungsrecht: Das Recht des Mieters auf körperliche Unversehrtheit hat Vorrang vor dem Räumungsinteresse des Eigentümers. Da alle Menschen aufgerufen sind, sich solidarisch zu verhalten und Kontakte drastisch zu reduzieren, kann der Mieter – auch zum Schutz anderer – nicht zum Auszug verpflichtet werden.
Solange die angemietete Wohnung frei ist, das beauftragte Umzugsunternehmen noch arbeitet und keine Ausgangssperren verhängt sind, grundsätzlich ja. Auch hier ist dem Mieter aber zu raten, mit allen Beteiligten die Durchführung des Umzuges abzuklären und sich im Sinne des Eigenschutzes und des Schutzes der Gemeinheit zu entscheiden.
Ja. Mieterinnen und Mieter sollten überprüfen, ob ihnen Arbeitslosen-, Kurzarbeiter- oder Wohngeld zusteht. Durch kürzlich beschlossene Änderungen in den Sozialgesetzbüchern kann jetzt der Antrag auf Grundsicherung schnell und formlos telefonisch, per Mail oder Post beim zuständigen Jobcenter gestellt werden. Die neuen Regelungen im Sozialrecht sehen unter anderem vor, dass in den ersten sechs Monaten des Leistungsbezugs die Ausgaben für Miete und Heizung in tatsächlicher Höhe übernommen werden, eine Vermögensprüfung entfällt für diesen Zeitraum.
Zunächst gilt: Wohnungsbesichtigungen sind auch in diesen Zeiten grundsätzlich noch zulässig, sollten wenn möglich aber auf die Zeit nach der Pandemie verschoben werden.
Ist eine Besichtigung notwendig, sollte sie so achtsam wie möglich ausgeführt werden. Das bedeutet Einzelbesichtigungen bei Einhaltung der Abstands- und Hygieneregeln.
Außerdem müssen die behördlichen Auflagen in den einzelnen Bundesländern unbedingt beachtet werden.
Vermehrt werden derzeit online Besichtigungen angeboten. Hierbei sollte dringend beachtet werden, dass Videoschaltungen keine Besichtigung vor Ort ersetzen. Nur die reale Besichtigung ermöglicht einen umfassenden Eindruck der Wohnung und die genaue Prüfung des Angebots. Bei Online-Besichtigungen sieht der Mieter dagegen nur das, was ihm ausschnittsweise gezeigt wird. Der Mieter sollte – wenn möglich – die Besichtigung daher erst dann vornehmen, wenn er die Wohnung betreten kann, um sich so mit eigenen Augen ein Bild der Mietsache machen zu können.
Konnte der Mieter die Wohnung nur online besichtigen und schließt er dann per Mail, Brief oder telefonisch einen Mietvertrag ab, steht ihm gegebenenfalls ein Widerrufsrecht zu, sollte die Wohnung nicht dem entsprechen, was sich der Mieter aufgrund der Online-Besichtigung vorstellen durfte.
Zwar schließt die Besichtigung der Wohnung vor Vertragsabschluss ein Widerrufsrecht des Mieters aus, allerdings ist der Deutsche Mieterbund der Auffassung, dass dies nicht für reine „Online-Besichtigungen“ gilt.
Weitere Voraussetzung für ein mögliches Widerrufsrecht ist, dass der Vermieter als Unternehmer handelt und einen für den Fernabsatz organisierten Betrieb unterhält. Wann der Vermieter die Unternehmereigenschaft hat, ist umstritten. Einige Gerichte gehen bspw. bei der Vermietung von zwei, drei oder vier Wohnungen von der Unternehmerqualität des Vermieters aus, andere verlangen die Vermietung von sechs, acht oder mehr Wohnungen.
Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage, wenn der Vermieter den Mieter über sein Widerrufsrecht belehrt hat, ansonsten ein Jahr und 14 Tage.