Mieterbund-Direktor Lukas Siebenkotten:

Eigenbedarf nach 2 Jahren Mietzeit nicht rechtsmissbräuchlich

Bundesgerichtshof stärkt Vermieterrechte

"Die Entscheidung ist problematisch, schafft keine Rechtssicherheit und höhlt den gesetzlichen Kündigungsschutz bei Eigenbedarfskündigungen weiter aus", kommentierte der Bundesdirektor des Deutschen Mieterbundes (DMB), Lukas Siebenkotten, das heutige Urteil des BGH (BGH VIII ZR 154/14). "Vermieter müssen beim Abschluss des Mietvertrages nicht klären, ob sie oder ein Familienangehöriger in nächster Zeit die Mietwohnung für sich beanspruchen werden. Damit wird das Risiko, die Wohnung nur kurze Zeit bewohnen zu können, einseitig dem Mieter zugeordnet. Der gesetzliche Kündigungsschutz bei Eigenbedarfskündigungen wird so weiter ausgehöhlt."

Hier hatte der Vermieter mit den Mietern einen unbefristeten Mietvertrag abgeschlossen. Zwei Jahre später kündigte er wegen Eigenbedarfs, die jetzt 20-jährige Tochter sollte in die Mietwohnung einziehen. Das Landgericht Mannheim (4 S 93/13) hatte die Eigenbedarfskündigung als rechtsmissbräuchlich zurückgewiesen. Der Vermieter hätte beim Abschluss des Mietvertrages den künftigen Eigenbedarf vorhersehen und den Mieter darüber informieren müssen, dass das Mietverhältnis möglicherweise nur von kurzer Dauer sein werde.

Der Bundesgerichtshof bestätigte zwar, dass ein widersprüchliches, rechtsmissbräuchliches Verhalten vorliegt, wenn der Vermieter Wohnraum auf unbestimmte Zeit vermietet, obwohl er entweder entschlossen ist oder zumindest erwägt, ihn alsbald selbst in Gebrauch zu nehmen. Er darf in diesen Fällen dem Mieter, der mit einer längeren Mietdauer rechnet, die mit jedem Umzug verbundenen Belastungen dann nicht zumuten, wenn er ihn über die Absicht oder zumindest die Aussicht begrenzter Mietdauer nicht aufklärt.

Gleichzeitig erklärte der Bundesgerichtshof aber, der Vermieter sei beim Abschluss des Mietvertrages überhaupt nicht verpflichtet, sich darüber Gedanken zu machen, ob und, wenn ja, wann er oder ein Familienangehöriger künftig die Wohnung benötigen werde. Der Vermieter sei nicht verpflichtet, den Mieter beim Abschluss des Mietvertrages über seine Lebensplanung in den nächsten Jahren, über die Entwicklung seiner familiären oder persönlichen Verhältnisse zu informieren. Es besteht keine Verpflichtung, eine so genannte "Bedarfsvorschau" zu treffen. Hierdurch werde der Mieter auch nicht rechtlos gestellt. Wenn er die Risiken einer nur kurzen Mietzeit nicht auf sich nehmen wolle, könne er für einen gewissen Zeitraum einen beiderseitigen Ausschluss der ordentlichen Kündigung oder einen einseitigen Ausschluss der Eigenbedarfskündigung vereinbaren.

Siebenkotten: "Die Entscheidung ist wenig praxistauglich. Rechtsmissbräuchlicher Eigenbedarf liegt danach vor, wenn der Vermieter entschlossen ist bzw. ernsthaft erwägt, die Wohnung nur kurzfristig zu vermieten. Er muss sich aber beim Abschluss des Mietvertrages hierüber gar keine Gedanken machen. Erklärt er, er hätte in dieser Richtung beim Abschluss des Mietvertrages keine Überlegung angestellt, dann ist ein späterer kurzfristiger Eigenbedarf nicht rechtsmissbräuchlich. Mit dieser Argumentationshilfe des Bundesgerichtshofs ist das Thema kurzfristiger und rechtsmissbräuchlicher Eigenbedarf vom Tisch. Der Tipp des Bundesgerichtshofs, der Mieter könne beim Abschluss des Mietvertrages einen einseitigen Ausschluss des Rechts zur Eigenbedarfskündigung mit dem Vermieter vereinbaren, ist schlicht lebensfremd."